«Alien» mit 2,23 Meter: Ein Franzose macht die NBA verrückt

«Alien» mit 2,23 Meter: Ein Franzose macht die NBA verrückt

Die Basketball-Superstars schwärmen, ein halbes Dutzend Teams fängt sicherheitshalber schon mal mit dem Verlieren an: Die NBA hat den Countdown für Supertalent Victor Wembanyama eingeläutet.

Der 18 Jahre junge Franzose wird zwar frühestens in knapp einem Jahr in der besten Liga der Welt auflaufen, beeinflusst diese aber schon jetzt durch seine beinahe unfaire Kombination aus Größe, Beweglichkeit, Athletik und Basketball-Skills. Wembanyama ist – da sind sich Experten einig – das größte Versprechen seit LeBron James vor 20 Jahren.

LeBron James nennt Wembanyama «einen Alien»

Auch Dirk Nowitzkis Mentor Holger Geschwindner, der im Sommer 2021 mit Wembanyama in Deutschland zusammengearbeitet hat, ist begeistert. «Er ist ein Haufen Talent und ein pfiffiges Kerlchen», sagte Geschwindner der Deutschen Presse-Agentur über Wembanyama, der 2,23 Meter misst und damit selbst im Basketball die meisten Akteure um einen Kopf überragen wird. «Ich hoffe, er hat Glück. Er hat gute Ideen mit eingebracht – er kann abliefern, was früher nur die Kurzen konnten», sagte Geschwindner.

Gleicht man die Aussagen des Nowitzki-Mentors mit denen der NBA-Stars ab, wirkt Geschwindner fast noch zurückhaltend. Lakers-Anführer James nannte Wembanyama «einen Alien», NBA-Meister Stephen Curry bemühte den Vergleich mit einem «Cheatcode» in einem Videospiel. Kevin Durant geht davon aus, dass die NBA «ein Problem» bekommt, sobald Wembanyama ankommt und sportlich mitwirkt.

Doch was macht den Youngster, der aktuell beim Pariser Vorort-Club Metropolitans 92 spielt, eigentlich aus? Neben seiner unüblichen Größe ist Wembanyama extrem agil und leichtfüßig, verfügt über großes Tempo und einen in diesem Alter erstaunlich stabilen Distanzwurf. Die Rechnung ist einfach: Wenn ein 2,23 Meter großer Spieler von der Dreierlinie problemlos über seine Gegenspieler werfen kann, wird das für alle Gegner eine extrem fiese Aufgabe. Zumal der Wurf nur eine Komponente im Gesamtpaket Wembanyama ist.

Wie sehr ein solches Jahrhunderttalent die Liga verändern kann, beweist der Fall LeBron James, der seit 2003 die NBA prägt und in dieser Saison wohl zum erfolgreichsten Werfer der Ligageschichte wird. James holte Meisterschaften für die Cleveland Cavaliers, die Miami Heat und die Los Angeles Lakers, war über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren der Topakteur der Liga und wird mit Blick auf seine Karriereleistung sogar mit Michael Jordan verglichen. James wurde damals an Position eins von Cleveland gedraftet.

Welches NBA-Team bekommt im Draft den Zuschlag?

So wird es im Juni 2023 auch für Wembanyama erwartet. Die ganz große Frage ist nur, welches Team bei der Verlosung im Mai den heißbegehrten Zuschlag erhält. Um die Liga langfristig ausgeglichen zu erhalten, werden schlechtere Teams in der sogenannten Draft-Lottery mit besseren Chancen versehen. Heißt konkret: Wer in dieser Spielzeit häufiger verliert, hat bessere Chancen auf Wembanyama. Das könnte im weiteren Verlauf der Saison zu skurrilen Szenen und Partien in der Hochglanzliga führen. Aber: selbst das schlechteste Team erhält nur eine Wahrscheinlichkeit von 14 Prozent auf den Top-Pick. Es braucht neben vielen Niederlagen auch Glück.

Mit Metropolitans 92 wird der Center weiter in der französischen Liga spielen, die Partien werden deutlich größere Beachtung finden als sonst üblich. Geschwindner, der Nowitzki groß machte und bis zu dessen Karriereende 2019 begleitete, sieht zwischen den beiden Fällen riesige Unterschiede. «Wir mussten die Tür erst mal aufmachen, jetzt ist es umgekehrt», sagte Geschwindner. Jeder habe «schlaue Tipps», bei diesem enormen medialen Hype werde einem schwindlig. «Der Bub muss in einer Ruhmwelt aufwachsen», sagte Geschwindner. Das war bei Nowitzki noch ganz anders.

Der Ruhm hat Anfang Oktober noch einmal gewaltig zugenommen, als Wembanyama in zwei Vorbereitungsspielen in den USA überragte. Der Riese traf Dreier, blockte Würfe und bewegte sich so grazil über das Feld, als wäre 1,90 Meter und nicht 2,23 Meter. «Es ist eine große Ehre, dass so viele in so hohen Tönen von mir schwärmen», sagte Wembanyama. Aber er habe noch nichts erreicht. Die NBA-Teams setzen auch eher darauf, was der Riese in Zukunft erreichen wird.

Patrick Reichardt, dpa